MALLORCA Züngelnde Flammen auf alten Stoffen

Was haben alte Webstoffe mit Flammen zu tun? Das Muster des auf Mallorca traditionell hergestellten Stoffs „roba de llengües“ erinnert an züngelnde Flammen; genau wie es das mallorquinische Wort schon verrät, an Feuerzungen. Das auffällige Design, das in fast allen mallorquinischen Haushalten zu finden ist, hat in den vergangenen Jahrzehnten jedoch die heimischen vier Wände verlassen, um rund um den Globus elegante Innenausstattungsprojekte mit seinem mediterranem Flair zu bereichern. Die neuen Muster und Farben sind heute in vielen Dekorationszeitschriften, wie auch auf deutschen Terrassen oder Wohnzimmern im Landhausstil zu sehen. Die Tradition der für die Insel typischen Stoffe wird stolz und selbstbewusst lebendig gehalten. Inzwischen werden die festen Flammenstoffe aber nicht nur für Vorhänge, als Bespannungen für Wände, Türen und Fenster oder als Bezüge für Stühle, Sessel und Betten verwendet. Heute stellen junge und alte, im wahrsten Sinne des Wortes gut betuchte wie auch normalverdienende Fashionistas die „roba de llengües“ als trendigen Modeartikel in Form von sommerlichen Stoffschuhen, Kleidungstücken oder Stoffbeuteln zur Schau.

Nach wie vor werden die handwerklichen, farbenfrohen Stoffe mit der uralten Ikat-Technik in den alten familiengeführten Werkstätten gefertigt. Der traditionellen Handwerkskunst der roba de llengües ist es gelungen, sich neu zu erfinden und gleichzeitig ihren authentischen handwerklichen Charakter zu bewahren..

Das Stoffmuster hat seinen Ursprung im orientalischen Ikat, einer Technik, bei der das Garn vor dem Weben gefärbt wird. Diese Technik gelangte über die Seidenstraße nach Europa. Während der Französischen Revolution flüchteten viele Weber und Färber nach Mallorca und brachten diese Mode mit. In der Tat findet man ab dem 18. Jahrhundert Spuren dieser Flammenmuster aus mallorquinischer Seide auf Möbeln oder als Wandbespannung in den großen Herrenhäusern auf Mallorca. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts weitete sich ihr Einsatz auf andere Häuser in der Stadt und auf dem Land aus, nachdem man begonnen hatte, auch Baumwollstoffe herzustellen.

Danach geriet die Technik für einige Jahre in Vergessenheit, aber jetzt erleben die roba de llengües ein neues goldenes Zeitalter, dank dem Impuls der Handwerker, die dieser Technik zu neuem Aufschwung verholfen haben.

Wer den genauen Herstellungsprozess kennenlernen möchten, kann eine der Weberwerkstätten, die diese Stoffe noch herstellen, besuchen, beispielsweise Teixits Vicens in Pollença, Bujosa in Santa Maria del Camí oder Teixits Riera in Lloseta. Die traditionellen Stoffe können aber auch über das Internet bezogen werden.

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