ARAGON - eine Reise auf den Spuren von Francisco de Goya durch Aragón

Zum 275. Geburtstag eines großen Malers: Eine Reise auf den Spuren von Francisco de Goya durch Aragón

Zwei Ereignisse prägten die Biographie und das Schaffen des großen Malers und teilten seinen Leben und sein Werk in ein Davor und ein Danach. Das eine Ereignis, ein historisches, war der Unabhängigkeitskrieg gegen die französischen Invasoren. Das Ereignis persönlicher Art war der langsame, stete Verlust seines Gehörsinns. So wandelte sich auch Goyas Malerei im Laufe seines Lebens von den freundlichen, liebenswerten Alltagsszenen und religiösen Bildern hin zu einem sehr individuellen Werk, in dem nicht selten der Sarkasmus, die Bitterkeit und ungezügelte Wut ihren Ausdruck fanden. Von den Vorlagen für Wandteppiche bis zu den Blendwerken der „Quinta del Sordo“, dem „Landhaus des Tauben“, oder den farbensprühenden Fresken der Basilika del Pilar in Zaragoza bis zu den Illustrationen der Kriegsdesaster und Torheiten, Reisende, die an Kunst interessiert sind, finden in seinem Geburtsland Aragón auf den Spuren des Malers beide Gesichter seiner Kunst.

Start in Fuendetodos - Der Geburtsort eines Genies

Der Beginn der Goya-Route liegt in Fuendetodos, einem kleinen Ort 50 Kilometer südlich von Zaragoza. Das verschlafene, mittelalterlich anmutende Dorf inmitten der weiten Ebenen Aragóns mit seinen engen Gassen und stillen Plätzen wäre wohl kaum bekannt, wenn nicht am 30. März 1746 hier Francisco de Goya y Lucientes als Sohn des Retabelvergolders José Goya und Gracia Lucientes, die selbst aus dem Ort stammte, das Licht der Welt erblickt hätte.

An der heutigen Plaza de Goya steht das bescheidene Haus, von dem man annimmt, dass Goya dort geboren wurde und die ersten sechs Jahre seiner Kindheit verbrachte. Erbaut zu Beginn des 18. Jahrhunderts, gehörte das Haus der Familie seiner Mutter. Es beherbergt heute eine Anzahl von Gegenständen und Möbelstücken aus der Mitte des 18. Jahrhunderts und bietet eine gelungene Einführung in das Leben und Werk des berühmten Malers.

Zusammen mit dem Geburtshaus können Bewunderer der Kunst Goyas das Museum seiner Radierungen - Museo del Grabado de Goya - und die Casa Zuloaga in der gleichen Straße besuchen, in denen u.a. das bereits gereifte Schaffen des Künstlers, seine satirische Kritik an der Gesellschaft und die Anklage gegen die grausamen Folgen des Krieges in seinen berühmten Stichen und Grafiken zum Ausdruck kommen. In der Casa Zuloaga, einem Gebäude gleich neben dem Geburtshaus gibt es einen temporären Ausstellungsraum mit wichtigen wechselnden Ausstellungen zu historischer Gravur und zeitgenössischer Grafik.

Schule und erstes Wirken: Zaragoza

Von Fuendetodos geht es Richtung Zaragoza zu einem weiteren Dorf in Aragón, nach Muel, unweit der Weinregion Carineña. Das Dorf ist  vor allem berühmt für seine herrliche blaue-weiße Keramik. Im Jahr 1772 erhielt Francisco de Goya den Auftrag, die vier Hängezwickel der Gewölbekuppeln der damals neu errichteten Wallfahrtskapelle Nuestra Señora de la Fuente auszuschmücken. Thema der Arbeit war „Los Doctores des la Iglesia“ – „Die Kirchenväter“. Das Besondere an der Arbeit ist das Farbenspiel, das sich von einem wilden Ausbruch an leuchtenden Farben allmählich in einer unvergleichbaren Farbskala bis zur völligen Dunkelheit wandelt.

Die gleiche Thematik mit demselben prachtvollen Farbenspiel findet man in der Pfarrkirche von Remolinos, einem weiteren Ort auf der Goya-Route, der uns auf der Rundreise später erwartet.

Von Muel führt uns die Route auf den Spuren Goyas weiter nach Zaragoza, der Hauptstadt Aragóns. Hier besuchte Goya die Schule, erhielt seit 1760 Unterricht beim Barockmaler José Luzán und besaß, wie auch sein Vater hier eine Werkstatt, bevor er 1775 nach Madrid übersiedelte. Zwischen 1780 und 1781 bemalte er die Kuppel der Basilika del Pilar. Die Fresken der „Regina Martyrum“, der „Königin der Martyrer“ zählen bis heute zu seinen besten Arbeiten. Anfang des 18. Jhds. kehrte er für kurze Zeit in die Stadt zurück und fand sie vom Krieg zerstört in einem Chaos von Hunger und Not vor, Eindrücke, die sich später in einem großen Teil seines Werkes wiederfinden.

Die berühmten Drucke „Los Desastres de la Guerra“ (Die Katastrophen des Krieges“),  sowie die anderen drei großen Serien seiner Stiche „Los Caprichos“ – „Die Launen“, „La Tauromaquia“ (Stierkampf) und „Los Disparates“ – „Die Torheiten“ sind in der ständigen Sammlung des im Jahr 2015 restaurierten und neu-eröffneten Goya-Museums – Sammlung Ibercaja – zu sehen genauso wie andere große Werke des Künstlers.  Anhand von 14 Gemälden, einer Zeichnung und fünf großen Druckserien erhält man einen Überblick über sein Schaffen von den Jugendjahren zwischen 1762 bis 1774 in Zaragoza bis zu seiner Zeit in Bordeaux, wo er 1828 starb.

Weitere wichtige Arbeiten Goyas befinden sich im Museum von Zaragoza, dem ältesten Museum der Stadt. Herausragend sind die Hofgemälde des Künstlers aus seiner Zeit als Maler des Königshofes in Madrid, wie die Porträts von  Carlos IV oder Königin Maía Luisa de Parma, Fernando VII. oder dem Infanten Luis María de Borbón.

In die grünen Landschaften des Nordens von Aragón

Von Zaragoza aus sind es nur elf Kilometer bis zum Karthäuserkloster Aula Deí. In diesem bedeutenden Klosterkomplex aus dem 16. bis 18. Jahrhundert befinden sich sieben von einst elf Wandgemälden über das Leben der Jungfrau María aus Goyas Jugendwerk. Seit 2012 die Ordensgemeinschaft des Chemin Neuf das Kloster übernahm, können die Werke des Malers jeweils samstags gegen Voranmeldung besichtigt werden.

Von Aula Deí aus führt der Weg durch die Vorpyrenäenlandschaft nun nach Huesca in den oberen Teil Aragoniens, wo die Landschaften grüner und vor allem gebirgiger werden bis sie ganz im Norden der Autonomen Region in den mächtigen Dreitausendern der Pyrenäen münden. Huesca, die frühere Hauptstadt des einstigen Königreichs Aragonien ist eine gemütliche Kleinstadt, mit einer hübschen Altstadt mit schmalen Gassen, die zur gotischen, auf einem Hügel gelegenen Kathedrale ansteigen. Im Provinzialmuseum Museo de Huesca sind weitere Werke Goyas zu bewundern, u.a. Porträts und vier Lithographien aus der Serie „Die Stiere von Bordeaux“.

Natur- und Landschaftsfans, die ein wenig Abwechslung in ihr Kulturprogramm bringen wollen, sei von Huesca aus ein Abstecher in die reizvollen Pyrenäentäler Ansó und Hecho oder in das Valle de Tena empfohlen.

Zurück auf den Spuren Goyas geht unsere Rundreise nun wieder Richtung Zaragoza nach Pedrola. Den Palast der Herzöge von Villahermosa in Pedrola soll Cervantes als Schauplatz für einige Kapitel seines Don Quijotes gewählt haben. Aber nicht nur von außen ist der großartige Renaissancepalast sehenswert, sondern auch die Kunstsammlung in seinem Inneren, unter der sich noch drei Werke des Malers aus Aragón befinden,  „Der Maskenball“, ein Porträt von Ramón Pignatelli sowie eine Skizze von „La Carga de los Mamelucos“. Der Palast dient heute als Veranstaltungsort für Hochzeiten und andere Feierlichkeiten. Trotzdem kann man ihn auch auf Vorreservierung in der Casa de Cultura von Pedrola besichtigen.

Der letzte Halt auf der Goya-Route schließlich ist Calatayud, eine wahrscheinlich schon vor den Zeiten der Römer gegründete Stadt, die aber erst während der maurischen Herrschaft und mit dem Bau der Festung Ayyub eine bedeutende Rolle spielte. Calatayud ist heute ein hervorragendes Beispiel typischer aragonesischer Baukunst, gepaart mit den Zeugnissen maurischer Bauwerke und des Mudéjarstils, für den die Region Richtung Teruel besonders berühmt ist. Üppigen Barock findet man dagegen in der Kirche San Juan el Real, in der Goya 1766 mit 20 Jahren als eines seiner ersten Werke wiederum die Hängezwickel der Kuppel mit Bildnissen der vier Kirchenväter bedeckte.

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